Pandemonium by Lauren Oliver

Pandemonium by Lauren Oliver

Autor:Lauren Oliver
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi, epub
Tags: Paranormal
ISBN: 9783551582843
Herausgeber: Carlsen Verlag GmbH
veröffentlicht: 2012-10-31T23:00:00+00:00


damals

Wir bleiben vier Tage im ersten Lager. Am Abend bevor wir uns wieder auf den Weg machen wollen, nimmt Raven mich beiseite.

»Es ist Zeit«, sagt sie.

Ich bin immer noch wütend über das, was sie bei der Falle zu mir gesagt hat, obwohl mein Zorn von einem dumpfen, pochenden Groll ersetzt worden ist. Sie wusste alles über mich. Ich habe das Gefühl, als hätte sie in mich hineingefasst, ganz tief hinein, und etwas zerbrochen.

»Zeit wofür?«, frage ich.

Hinter uns brennt das Lagerfeuer langsam herunter. Blue, Sarah und einige der anderen sind davor eingeschlafen, ein Knäuel aus Decken, Haaren und Beinen. Sie schlafen in letzter Zeit oft so, wie menschliches Patchwork: Dann haben sie es warm. Lu und Grandpa unterhalten sich leise. Grandpa kaut seinen letzten Tabak, schiebt ihn aus dem Mund und wieder hinein und spuckt gelegentlich ins Feuer, was eine grüne Flamme hervorbringt. Die anderen müssen in die Zelte gekrochen sein.

Raven lächelt mich kaum wahrnehmbar an. »Zeit für deinen Eingriff.«

Mein Herz macht einen Satz. Die Nacht ist eiskalt, und wenn man tief einatmet, schmerzt es in der Lunge. Raven führt mich vom Lager weg, dreißig Meter den Fluss entlang bis zu einem breiten, flachen Uferstück. Hier haben wir jeden Morgen die dicke Eisschicht durchbrochen, um Wasser zu holen.

Bram ist bereits dort. Er hat ein weiteres Feuer entzündet. Es lodert hoch und heiß und Asche und Rauch brennen mir schon in den Augen, als wir noch anderthalb Meter entfernt sind. Das Holz ist in Tipiform aufgeschichtet und an seiner Spitze schlängeln sich blaue und weiße Flammen in den Himmel hinauf. Der Rauch ist ein Radierer, der die Sterne über uns zum Verschwinden bringt.

»Bist du so weit?«, fragt Raven.

»Beinahe«, erwidert Bram. »Noch fünf Minuten.« Er kauert neben einem verzogenen Holzeimer, der am Rand des Feuers zwischen Holzstücken steckt. Vermutlich hat er ihn mit Wasser getränkt, damit er kein Feuer fängt. Die Nähe der Flammen wird das Wasser im Eimer zum Kochen bringen. Bram holt ein kleines dünnes Instrument aus einer Tasche zu seinen Füßen. Es sieht aus wie ein Schraubenzieher mit einem dünnen runden Griff und hat eine scharfe, glitzernde Spitze. Er wirft es in den Eimer, dann steht er auf und sieht dabei zu, wie der Plastikgriff sich langsam im siedenden Wasser dreht.

Mir ist übel. Ich sehe Raven an, aber sie starrt mit unergründlicher Miene ins Feuer.

»Hier.« Bram tritt vom Feuer weg und drückt mir eine Flasche Whiskey in die Hand. »Davon solltest du was trinken.«

Ich hasse Whiskey, aber trotzdem schraube ich die Flasche auf, schließe die Augen und nehme einen großen Schluck. Der Alkohol brennt in meiner Kehle und ich muss den Brechreiz unterdrücken. Aber fünf Sekunden später strahlt Wärme aus meinem Magen aus, lähmt meine Kehle und meinen Mund, überzieht meine Zunge und macht es leichter, noch einen zweiten Schluck zu trinken und dann einen dritten.

Als Bram sagt: »Wir sind so weit«, habe ich ein Viertel der Flasche gekippt. Die Sterne über mir drehen sich langsam und glänzen wie scharfe Metallspitzen. Es fühlt sich an, als wäre mein Kopf von meinem Körper getrennt.



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